Arbeitsgerichtliche Rechtsprechung zum Auskunftsanspruch und Schadensersatz

Dortmund, 30.03.2023: In einem Verfahren vor dem Arbeitsgericht Oldenburg (3. Kammer), Teilurteil vom 09.02.2023 – 3 Ca 150/21 (nachfolgend ArbG) hat der Kläger neben anderweitigen Ansprüchen auch datenschutzrechtliche Ansprüche gegen seine ehemalige Arbeitgeberin geltend gemacht.

Der Kläger war für die Beklagte zunächst als deren Geschäftsführer und sodann als Vertriebsleiter für Feuerwerksprodukte tätig. Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ließ der Kläger die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben zur datenschutzrechtlichen Auskunft gem. Art. 15 DSGVO unter Fristsetzung von zwei Wochen auffordern. Die Beklagte antwortete hierauf nach ca. 6 Monaten mit ablehnendem anwaltlichem Schreiben.

Im Rahmen des arbeitsgerichtlichen Verfahrens machte der Kläger u. a. seinen Auskunftsanspruch aus Art. 15 DSGVO sowie gem. Art. 82 Abs. 1 DSGVO Schadensersatz in Höhe von 500,00 € monatlich geltend, da die Beklagte ihrer Auskunftspflicht gem. Art. 15 DSGVO nicht nachgekommen sei.

Mit Teilurteil vom 09.02.2023 entschied das ArbG hinsichtlich der datenschutzrechtlichen Aspekte, dass der Kläger von der Beklagten Auskunft gem. Art. 15 DSGVO sowie infolge der Verletzung dieser Auskunftspflicht Schadensersatz in Höhe von insgesamt 10.000 € verlangen kann.

Hinsichtlich des Auskunftsanspruchs ging das Gericht davon aus, dass dieser nicht durch Erfüllung gem. § 362 Abs. 1 BGB erloschen war. Zwar wurden durch die Beklagte knapp zwei Jahre nach dem ursprünglichen Auskunftsersuchen ein Anlagekonvolut übersandt und anschließend mitgeteilt, dass bei dieser keine weiteren Daten des Klägers gespeichert seien. Jedoch ging das Gericht davon aus, dass sich der Auskunftsanspruch, selbst wenn es sich bei dem Konvolut um sämtliche personenbezogenen Daten des Klägers handeln sollte – was im Übrigen nicht festgestellt werden konnte – , auf die verarbeiteten personenbezogenen Daten bezieht. Wohingegen es sich laut den Erklärungen der Beklagten bei dem Aktenkonvolut lediglich um die gespeicherten personenbezogenen Daten des Klägers handelte.

Im Übrigen schließt sich das ArbG hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs der Position des Bundesarbeitsgerichts (BAG) an, welche dieses im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH bezogen hat (vgl. BAG, Beschluss vom 26.8.2021 – 8 AZR 253/20 (A)).

Demzufolge geht auch das ArbG davon aus, dass der Rechtsanspruch auf immateriellen Schadensersatz nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO über eine solche Verletzung der DSGVO hinaus nicht zusätzlich erfordert, dass die verletzte Person einen (weiteren) von ihr erlittenen immateriellen Schaden darlegt. Sie muss also keine „Konsequenz oder Folge der Rechtsverletzung von zumindest einigem Gewicht“ darlegen. Demnach führe bereits die Verletzung der DSGVO selbst zu einem auszugleichenden immateriellen Schaden.

Das ArbG geht zudem davon aus, dass zugunsten der Klägerin unterstellt werden kann, dass dem Anspruch nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO Präventionscharakter und eine Abschreckungsfunktion zukomme, und bezieht damit ein BAG Urteil vom 05.05.2022 (2 AZR 363/21 Rn. 23) mit ein.

Zu berücksichtigen ist bei dem zuvor Gesagten, dass sowohl das Vorabentscheidungsersuchen des BAG als auch eines des OGH Österreich derzeit noch beim EuGH anhängig sind. Ob die Auffassung des ersuchenden Senats des BAG und des ArbG Oldenburg bestätigt wird, bleibt insofern vorerst offen.

Bezüglich der Höhe des geltend gemachten Schadensersatzes stellt das ArbG noch fest, dass u. a. angesichts dessen, dass die Beklagte über ganze 20 Monate hinweg die sie treffende Auskunftspflicht nicht erfüllt hat, der in Ansatz gebrachte Schaden in Höhe von 500,00 € pro Monat nicht als unangemessen erachtet werde.

Für die datenschutzrechtlich Verantwortlichen lässt sich aus dem Urteil ableiten, dass bei einer (gerichtlichen) Prüfung sehr genau darauf geachtet wird, dass der Auskunftsanspruch umfassend, also vollständig erfüllt wurde. Unabhängig davon, dass die Beklagte die Monatsfrist im vorliegenden Fall deutlich überschritten hat, genügt ein Zusenden von den lediglich gespeicherten Unterlagen nicht, um den Anforderungen der Auskunftspflicht gerecht zu werden. Die Speicherung stellt insoweit bloß eine von verschiedenen Verarbeitungsarten personenbezogener Daten dar (vgl. § 4 Nr. 3 KDG), welche alle zu beauskunften sind.

Zudem zeigt die vorliegende Entscheidung einmal mehr, dass Auskunftsersuchen von betroffenen Personen nicht leichtfertig abgetan werden sollten. Je nach Ausmaß des Verstoßes drohen beträchtliche Schadensersatzzahlungen, welche wiederum unabhängig von etwaigen Bußgeldern anfallen. Das zuvor Gesagte gilt auch für den Bereich des KDG.